Bussysteme | ||||
Heutige Maschinen und Anlagen sind immer komplexer geworden. Die Menge an Ein- und Ausgangssignalen wurde immer größer, durch einzelne Baugruppen wurde die Fertigung flexibler und kostengünstiger. Gleichzeitig nahm das HMI, das Human Machine Interface, also die Visualisierung für Bedienung und Beobachtung immer mehr an Wichtigkeit zu. Qualitätskontrolle und Nachverfolgbarkeit der Fertigung haben ebenso Einzug in SPS-gesteuerte Maschinen und Anlagen gehalten wie eine übergeordnete Fertigungssteuerung. Die Flut der dafür anfallenden Daten werden über Bussysteme übertragen. Die Automatisierungsaufgaben werden auf die einzelnen Komponenten verteilt und vernetzt.
Das hat u.a. verschiedene Vorteile:- Verkabelungsaufwand und Verkabelungsfehler werden minimiert
- Durch kleinere Programme wird die Programmierung übersichtlicher
- Flexibilität der Automatisierungsanlagen und Einzelkomponenten
- Die Anlagenstruktur wird übersichtlicher
- Kurze Wege bei kritischen Signalen durch die Digitalisierung
Für die Realisierung solcher Aufgaben werden sogenannte Feldbussysteme genutzt. Auch hier gibt es verschiedene Bussysteme, die sich durch Leistung und Geschwindigkeit unterscheiden und auch konkurrieren.
Multipoint-Interface | ||||
Das Multipoint-Interface (MPI) soll hier zumindest erwähnt werden. Dieses Bussystem wurde hauptsächlich als Programmierschnittstelle für die Simatic S7 entwickelt. Der wesentliche Nachteil bestand darin, dass das Übertragungsprotokoll ein reiner Siemens-Standard ist. In allen (alten) S7-300/400 Steuerungen ist diese Schnittstelle vorhanden. So wurden z.B. Operator Panels mit einer S7-300/400 gekoppelt. Bis zu 32 Teilnehmer konnten von 19,2 Kbit/s über 187,5 Kbit/s bis 12Mbit/s verbunden werden. Bei den neuen S7-1x00er CPUs spielt diese Schnittstelle keine Rolle mehr, da mit Profibus/Profinet wesentlich leistungsstärkere Schnittstellen zur Verfügung stehen.
Interbus-S | ||||
Interbus-S [1], eine der ersten Bussysteme, wurde schon 1985 von der Firma Phoenix Contact entwickelt. Ziel war es, aufwendige Verkabelung für die SPS-Peripherie zu vermeiden. Es sollte SPS- oder CNC-Steuerungen, Automatisierungssysteme mit ihrer Peripherie verbinden. Eine der Stärken von Interbus-S war die sehr hohe Übertragungseffizienz bei relativ kleinen Datenmengen je Teilnehmer. Die Technik gilt zwar heute als ausgereift und stabil, ist aber durch den ständigen Technologiefortschritt überholt.
CAN-Bus | ||||
Der CAN-Bus [2] (Controller Area Network), auch einer der frühen Bussysteme, wurde 1986 von den Firmen Bosch und Intel entwickelt. Bosch als bedeutender Automobilzulieferer reduzierte durch diese Entwicklung Gewicht und Kosten für die Verkabelung innerhalb von Kraftfahrzeugen. Mit der Entwicklung von immer mehr Assistenzsystemen in Kraftfahrzeugen wuchs auch der Umfang des CAN-Bus und ist bis heute Basis im Automobilbau.
In der Automatisierungstechnik wurde eher DeviceNet [3] genutzt. Dieses Bussystem basiert auf CAN und wurde von Allen-Bradley entwickelt. Hauptsächlich war es in den USA verbreitet.
Modbus | ||||
Modbus [4] ist auch eins der frühen Datenübertragungssysteme. Es wurde von der amerikanischen Firma Gould Electronics für SPS-Steuerungen entwickelt. Die Steuerungen waren bzw. sind unter dem Namen Gould-Modicon bekannt. Modbus ist im Grunde kein Bussystem, es ist ein Kommunikationsprotokoll für die Kommunikation zwischen einem Mastergerät und einem oder mehreren Slave-Geräten. Die Datenübertragung funktioniert dabei über drei verschiedene Wege: ASCII, (American Standard Code for Information Interchange), RTU (Remote Terminal Unit) und TCP (Transmission Control Protocol). Im ASCII-Modus werden alle druckbaren Zeichen übertragen. Im Gegensatz dazu überträgt RTU diese Zeichen mit binären Codes. Der Datendurchsatz ist bei dieser Methode schon wesentlich besser. Das TCP-Protokoll ähnelt dem RTU-Modus und ist speziell für das Ethernet gedacht. Deshalb ist Modbus in der Automatisierungstechnik fast nicht mehr wegzudenken. Die Übertragung über Ethernet, also das TCP-Protokoll, gilt heute quasi als De-facto-Standard.
IO-Link | ||||
Der IO-Link [5] ist kein eigenständiges Bussystem, soll an dieser Stelle jedoch erwähnt werden. IO-Link ist eine herstellerunabhängige Punkt-zu-Punkt-Verbindung zum Anschluss intelligenter Sensoren, Aktoren und Feldgeräte. An einem IO-Master werden IO-Slaves, oder neudeutsch auch als IO-Link-Devices bezeichnet, angeschlossen. IO-Link-Devices sind aber nichts anderes als die bereits genannten intelligenten Sensoren, Aktoren und Feldgeräte. Der IO-Master kommuniziert mit der übergeordneten SPS. IO-Master gibt es mit verschiedenen Schnittstellen, sodass auch eine Verbindung über Profibus oder Profinet hergestellt werden kann.
AS-interface | ||||
Das AS-interface [6] (Actuator-Sensor-Interface), kurz AS-i, ist auf Initiative von Herstellern von Sensoren und Aktoren entstanden. Unter ihnen die Firmen ifm, Balluff, Festo, Sick, Leuze, Turck, Baumer, Pepperl&Fuchs, Eaton, Visolux, und nicht zuletzt Siemens. Durch diese geballte Herstellermacht konnte sich dieses System bis heute gut behaupten und weiterentwickeln. In der Handhabung ist es recht einfach, schnell und relativ kostengünstig.

In der Handhabung ist AS-interface recht einfach. Für die Installation benötigt man keine Spezialkenntnisse. Die Geräte werden in sogenannter Schneidklemmtechnik einfach auf das 2-Leiter-Flachkabel geklemmt. Die gelbe Leitung ist die Datenleitung. Mit einem speziellen AS-i-Netzteil kann aber auch die Versorgungsspannung für die Geräte über die selbe Leitung geführt werden. Den gleichen Zweck erfüllen auch über Datenentkopplungsmodule angeschlossene Netzteile. Die schwarze Leitung ist ausschliesslich für eine Versorgungsspannung vorgesehen. Sie wird vor allem für Busteilnehmer mit erhöhten Strombedarf, wie z.B. Ventilinseln, verwendet.
Jedem AS-interface-Modul muss eine Adresse zugewiesen werden. Einige Module verschiedener Hersteller sind dafür mit Adressierschaltern ausgestattet, die meisten Slave-Module müssen jedoch mit einem Adressiergerät ihre Adresse im AS-i Netz zugewiesen bekommen.
Die maximale AS-i Datenleitungslänge liegt so bei rund 100 Meter. Mit mehreren Repeatern und Extension-Plugs kann die maximale Länge bis auf rund 600 Meter erweitert werden.

Profibus | ||||
Für den Profibus [7] (Process Field Bus) wurden 3 verschiedene Protokolle entwickelt, die gemeinsam auf einer Leitung RS485 [8] oder Lichtwellenleiter betrieben werden können. Profibus FMS (Fieldbus Message Spezification), Profibus PA (Process Automation) und Profibus DP (Dezentrale Peripherie).
Mit Bezug auf die Simatic S7-Steuerungen wird hier nur auf Profibus DP eingegangen, da dafür auch eine integrierte Schnittstelle existiert und der häufigste Anwendungsfall ist. Der Profibus wurde vom Bundesministeriums für Forschung und Technologie als BMFT-Verbundprojekt, dem viele Firmen und Hochschulen angehörten, ins Leben gerufen. Mit dem Profibus wurde ein Standard geschaffen, der firmenneutral ist und letztendlich in der europäischen Norm EN 50170 mündete.
Profibus DP ist zugeschnitten auf einen schnellen und effizienten Datenaustausch zwischen Automatisierungsgeräten und dezentralen Geräten wie z.B. binären oder analogen Ein-/Ausgangsmodule, Antriebe und Meßwertaufnehmer. Maximal können bis zu 127 Teilnehmer angeschlossen werden. Als Datenübertragungeschwindigkeit wird in der Regel 1,5 MegaBaud [9] oder max. 12 MBaud genutzt. Um die maximal mögliche Anzahl der Busteilnehmer zu nutzen, müssen mehrere Segmente mit bis zu 32 Teilnehmern gebildet werden. Die werden mit Repeatern verbunden. Insgesamt können 10 Bussegmente in Reihe geschaltet werden. Es gilt aber auch, je schneller die Übertragungsgeschwindigkeit desto kürzer die max. Länge der Segmente. Bei 12 MBaud sind es rund 100 Meter je Segment, bei 10 Segmenten also rund 1000 Meter. Bei 9,6 KBaud ist der Aufbau bis zu 12 km möglich. Nutzt man Glasfaser als Übertragungsweg, ist sogar eine Übertragungsstrecke von 23 bis 24 km möglich.

Die SPS ist die zentrale Steuerung, der DP-Master. Es können aber auch mehrere DP-Master an das Feldbussystem angeschlossen werden. In diesem Multi-Master-Betrieb können unabhängige Untersysteme, bestehend aus je einem Master und zugehörige Slaves oder zusätzliche Geräte z.B. als Diagnosegerät gebildet werden. Das Beschreiben der Ausgänge ist jedoch nur für einen DP-Master möglich. Die Geräte der verschiedenen Hersteller werden mit einer GSD-Datei, einer Geräte-Stammdaten-Datei in den DP-Master eingebunden. Es ist so etwas wie ein elektronisches Datenblatt des Gerätes, z.B. mit Angaben zur Anzahl der E/A-Signale, Meldungen oder anderen individuellen Eigenschaften. Durch diese Datei wird die Integration der Geräte verschiedener Hersteller in das Profibus-System sehr einfach und und vor allem anwendungsfreundlich.
Profinet | ||||
Profinet [10] (Process Field Network) ist die Weiterentwicklung von Profibus mit Elementen auf Basis von Industrial Ethernet [11]. Da Profibus ein etabliertes, auf serieller Kommunikation basiertes Bussystem war und nach wie vor ist, stand bei der Entwicklung von Profinet im Wesentlichen die Verwendung des Ethernetkabels, die Übertragungsgeschwindigkeit und vor allem die Koexistenz mit anderen Übertragungsprotokollen im Vordergrund. Da sowohl Profibus als auch Profinet von der gleichen Organisation entwickelt wurde, gibt es viele Ähnlichkeiten im Konzept. Zum Beispiel wird auch hier für die Integration von Geräten der verschiedensten Hersteller eine GSD-Datei zur Beschreibung der Eigenschaften und Funktionen des anzuschließenden Teilnehmers genutzt. Zum Transport der Daten verwendet Profinet das TCP/IP-Protokoll (Transmission Control Protocol und Internet Protocol), dank Internet ein weltweit verfügbares Kommunikationsnetz.
Damit ein Profinet-Gerät als Teilnehmer am Profinet angesprochen werden kann, muss für jedes Gerät
- ein eindeutiger Profinet-Gerätename
- eine im jeweiligen Subnetz eindeutige IP-Adresse
zugewiesen werden. Das Zuweisen eines Gerätenamens ist vergleichbar mit dem Einstellen einer Profibus-Adresse. Die IP-Adresse ist nach IPv4 (Internet Protocol version 4) und besteht aus 4 Dezimalzahlen mit einem jeweiligen Wertebereich 0 bis 255 und sind durch Punkte getrennt. Wer zu Hause mit seinem Router schon einmal ein kleines Heimnetztwerk eingerichtet hat, werden solche Zahlen sehr bekannt vorkommen. Beispiel Subnetzmaske 255.255.255.0 oder Beispiel IP-Adresse 192.168.0.4, wobei die ersten 2 Bytes der IP-Adresse das Netz bestimmt und die beiden letzten Bytes den Teilnehmer adressieren.
Über proxyfähige Geräte [12] können andere Feldbussysteme wie z.B. Profibus oder AS-interface in ein Profinet-Felbussystem integriert werden. Ein durchgängiger Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Bussystemen wird somit ermöglicht.

Profinet ist ,zumindest zur Zeit, das wohl flexibelste und weitreichendste Bussystem für SPS-Steuerungen im Markt. Optimierte Netzwerkstrukturen gibt es für nahezu jeden Anwendungsfall. Eine Ringstruktur garantiert eine erhöhte Verfügbarkeit, eine Linienstruktur z.B. minimiert den Verkabelungsaufwand. Real-Time-Kommunikation, also die Kommunikation in Echtzeit ist möglich. Die Intelligenz von Anlagen wird modular verteilt. Mit jedem handelsüblichen Browser ist ein ortsunabhängiger Zugriff auf Informationen aus der Automatisierungsebene über das Internet möglich. Eine sicherheitsgerichtete Kommunikation nach EN 954-1 [14] oder IEC/EN 61508 [15] ist einsetzbar sowohl für Profibus als auch Profinet.
Quellennachweis
- [1] wikipedia.org/wiki/Interbus
- [2] wikipedia.org/wiki/Controller_Area_Network
- [3] wikipedia.org/wiki/DeviceNet
- [4] wikipedia.org/wiki/Modbus
- [5] wikipedia.org/wiki/IO-Link
- [6] wikipedia.org/wiki/AS-Interface
- [7] wikipedia.org/wiki/Profibus
- [8] wikipedia.org/wiki/EIA-485
- [9] wikipedia.org/wiki/Baud
- [10] wikipedia.org/wiki/Profinet
- [11] wikipedia.org/wiki/Industrial_Ethernet
- [12] wikipedia.org/wiki/Proxy_(Rechnernetz)
- [13] Produktsymbole größtenteils ©Siemens AG 2022, Alle Rechte vorbehalten
- [14] wikipedia.org/wiki/Sicherheitssystem
- [15] wikipedia.org/wiki/IEC_61508